Content Strategy Rocks #2 – Die Kunst des Content Audits mit Doris Eichmeier
Shownotes
In der zweiten Folge von "Content Strategy Rocks" spreche ich mit Doris Eichmeier über Content Management und Content Strategie, die Kunst des Content Audits und die clevere Strategie von Oatly. Erfahre, warum regelmäßige Content Audits und regelmäßiges Content Pruning wichtig für deine Content Strategie sind. Bereit für frischen Wind in deiner Content Strategie? Dann drücke jetzt auf Play und lass dich inspirieren!
Der Link zum im Podcast erwähnten Oatly Video: https://youtu.be/ghvMhQJ4TSM?si=QFgIK20XQyw1WAB6
Transkript anzeigen
Steffi: Willkommen zu einer weiteren spannenden Folge von Content Strategy Rocks. Ich bin Steffi, euer Podcast-Host, Content-Workflow-Architektin und Verfechterin der Unterscheidung zwischen Content-Marketing-Strategie und Content Strategie. In dieser Episode habe ich das Vergnügen, mich mit Doris Eichmeier, einer euch vielleicht schon bekannten Content-Managerin und Content-Strategin, auszutauschen. Gemeinsam erforschen wir, wie Oatly seine Content Strategie meistert. Darüber hinaus setzen wir uns mit der Bedeutung von regelmäßigen Content-Audits und Content Pruning für eine bessere Content Strategie auseinander. Freut euch auf ein tiefgründiges Gespräch voller strategischer Einblicke. Los geht's!
Steffi: Du bist Content Managerin und Content Strategin. Wie verknüpfst du deine Tätigkeiten miteinander? Gibt es da Überschneidungen?
Doris Eichmeier: Wenn ich ehrlich bin, glaube ich nicht, dass man die beiden überhaupt trennen kann. Wäre ich eine Content-Managerin oder Content-Produzentin, die sich nicht für Content Strategie interessiert, dann hätte ich den falschen Job. Umgekehrt, wenn ich eine Content-Strategin bin und mich nicht um Content-Produktion und Content-Management kümmere, habe ich verloren. Es gehört alles zusammen. Das bedeutet zum Beispiel im Alltag, wenn ich einen Content produziere, wie einen Grundlagenartikel zu einem wichtigen Thema, muss ich immer im Hinterkopf behalten, welche Bedeutung dieses Stück Content für das Unternehmen hat und welche Rolle es strategisch einnimmt. Dann muss ich natürlich überprüfen, wie erfolgreich dieser Artikel war, welche Leute er angesprochen hat, welche Fragen danach kamen, z.B. auf LinkedIn, welche Diskussionsbeiträge es gab. Aufgrund dieser Reaktionen und Zahlen muss ich mir überlegen, was das strategisch für mich bedeutet. Eine Content Strategie ist nie etwas Fertiges. Sie ist immer im Fluss. Eine Content Strategie, die ausgedruckt wird und als Büchlein im Regal verschwindet, ist der falsche Ansatz. Es gibt da für mich keine Grenzen, es gehört alles zusammen.
Steffi: Deswegen wahrscheinlich auch das schöne Wort „und“, Content Managerin und Content Strategin.
Doris Eichmeier: Ja, ich konnte mich nicht entscheiden.
Steffi: Das kommt mir bekannt vor. Ich konnte mich auch nicht entscheiden. Den Namen trage ich mittlerweile auch zumindest auf meinem LinkedIn-Profil.
Doris Eichmeier: Ja, es gehört einfach alles zusammen und gerade als Selbstständige ist man auch sehr praktisch gefordert. Man bekommt Aufträge wie: „Mach mal ein White Paper hier, ein Konzept für Broschüren da, prüfe die Usability für einzelne Content-Stücke auf der Website“ und so weiter. Das sind einzelne Produktionen, die ich habe. Und ich denke immer strategisch. Ich muss wissen, wo im Funnel das angesiedelt ist, für welche Stakeholder, für welche Kundschaften das sein soll. Wenn ich dieses Wissen nicht habe, dann kann ich heimgehen. Oder einpacken, je nachdem.
Doris Eichmeier: Einpacken und heimgehen, beides.
Steffi: Meine Kunden sind dann immer überrascht, wenn ich beides nenne. Wenn ich dann versuche, das Bild eines Schweizer Taschenmessers zu verwenden, nach dem Motto: „Ich kümmere mich um Management-Aspekte, aber arbeite auch strategisch, ich bin praktisch dein Werkzeug“, dann verstehen die meisten Leute es doch besser. Hast du vielleicht auch ein Bild im Kopf von deiner Tätigkeit?
Doris Eichmeier: Ja. Zum einen muss ich sagen, ich verwende das Wort „Strategie“ so wenig wie möglich, weil Unternehmensberater viel verbrannte Erde hinterlassen haben. Jeder denkt, wenn er das Wort „Strategie“ hört: „Oh mein Gott, das wird sündhaft teuer.“ Deswegen gehe ich mehr problemorientiert heran, lösungsorientiert. Ich benutze das Wort Strategie nur, wenn es sein muss. Das Bild, von dem du sprichst, habe ich tatsächlich. Es ist das eines Baumes. Ich verstehe mich als Gärtner, der düngt und Unkraut jätet. Ich mag dieses Bild, weil es den Unterschied zu Online-Marketern zeigt. Online-Marketer sitzen auf dem Ast und meckern, dass die Früchte nicht rot genug, nicht groß genug und nicht zahlreich genug sind. Das ist ihr Job, das ist völlig okay, aber man muss da einen Unterschied machen zwischen content-strategischer Denke und dem Einfahren von Gewinn. Deswegen mag ich dieses Bild so gern. Ich verstehe mich als Content-Gärtnerin.
Steffi: Sehr schön. Wie hat sich deiner Meinung nach die Content Strategie im DACH-Raum in den letzten Jahren entwickelt und welchen Stellenwert nimmt sie aktuell bei Unternehmen ein?
Doris Eichmeier: Die Entwicklung des Content-Business in den letzten 14 Jahren ist beeindruckend. Es ist ein Milliardengeschäft geworden mit großartigen Agenturen, Selbstständigen und Tool-Anbietern. Nach 14 Jahren kann man sagen, dass eine hohe Professionalität herrscht. Ich habe großen Respekt vor allen, die mutig waren und hier etwas gegründet und hochgezogen haben. Ich bin nach wie vor ein großer Content-Fan und auch von der Branche.
Doris Eichmeier: Aber es gibt auch Dinge, die mich umtreiben. Vor 14 Jahren begann das Thema Content mit der Hoffnung, dass Unternehmen Glaubwürdigkeit damit produzieren könnten. Niemand konnte mehr die Werbeslogans hören, Werbung war nicht glaubwürdig. Unternehmen mussten sich erklären. Das Wort Transparenz war en vogue, ganze Bücher wurden dazu geschrieben. Hier entstand das Content-Business. Es gab gute Tendenzen Richtung Transparenz, Glaubwürdigkeit und Storytelling. Marken wie Chipotle oder Always haben sich Themen erobert und großartigen Content produziert. Sie hatten eine Agenda und haben diese festgehalten. Ich dachte, das wäre ein Auftakt. Mittlerweile ist viel Content jedoch sehr Sales orientiert und fest in den Händen von Marketingleuten. Das, was Content auch sein könnte, nämlich ein wichtiger Beitrag, ein Unternehmen glaubwürdig kommunizieren zu lassen, kommt aktuell zu kurz. Für mich ist der Content aktuell zu marketinglastig und damit verlieren wir viel Potenzial. Das finde ich persönlich schade. Aber es ist eine klasse Branche. Vielleicht entwickelt sich da etwas in Richtung Qualität und Tiefe.
Steffi: Möchtest du noch etwas zur Entwicklung von Content Strategie sagen? Hat sich da in den letzten Jahren etwas verändert oder ist das der einfache Teil des Content-Businesses und man kann es nicht voneinander trennen?
Doris Eichmeier: Ja, es ist schon sehr ineinander übergegangen. Es war am Anfang wichtig zu erklären, was eine Content Strategie überhaupt sein soll, damit man das verstehen kann. Aber wenn wir ehrlich sind, ist eine Content Strategie auch ein Konglomerat aus verschiedenen Disziplinen. Zum Beispiel die User-Perspektive, die für die Content Strategie wahnsinnig wichtig ist. Sie gab es schon immer, aber die Content Strategie hat sie einfach besetzt und gesagt: „Content Strategie ist dazu gedacht, dass wir den User und die Marke in den Fokus nehmen und mit diesen zwei Komponenten strategisch unserem Unternehmen Content geben, um groß und erfolgreich zu werden.“ Das war der Plan. Mittlerweile glaube ich, haben das alle verstanden. Es kam eine ganz angenehme, selbstverständliche Dynamik rein. Vielen Leuten muss ich nicht mehr erklären, was Content Strategie ist, warum sie sein muss, und warum ich nicht gleich mit Marketing und Lead-Generierung loslegen kann, sondern mir zuerst grundlegende Gedanken machen muss, wo ich hinwill als Unternehmen.
Doris Eichmeier: Ich habe den Eindruck, das haben sehr viele mittlerweile verstanden. Aber wie gesagt, beim Wort „Strategie“ zucken manche noch zusammen, weil sie Angst haben, sie bekommen ein riesiges Konzept und danach passiert nichts.
Steffi: Welche Rolle spielt journalistische Kompetenz in der Content Strategie und wie beeinflusst sie die Qualität und Glaubwürdigkeit des Contents?
Doris Eichmeier: Prinzipiell glaube ich, dass es nicht schaden kann, wenn man journalistisch vorbelastet ist. Als Journalist ist man gezwungen, ein Thema in Gänze zu durchdringen. Dieser Zwang, die Logik hinter einer Geschichte zu entdecken und etwas verständlich aufzubereiten, hilft in der Content-Produktion und Content Strategie ungemein. Schwierig wird es jedoch, wenn ein Journalist sagt, er will kein Journalist mehr sein und macht jetzt Content Strategie. Das kann er auch. Da würde ich dann mit den Schultern zucken, weil Content Strategie tatsächlich etwas anderes ist. Es ist gut, wenn man die journalistische Basis hat, aber man verlässt die Perspektive eines Journalisten und muss die Perspektive der User einnehmen. Man muss für sie schreiben, die Marke verstehen und die Kundenbedürfnisse erforschen. Das sind komplett andere Aspekte. Dazu braucht man keine Edelfeder, sondern Leute, die unternehmerisch denken können.
Steffi: Wie sollte ein Unternehmen vorgehen, seine Content Strategie angesichts der skeptischen Haltung vieler Verbraucher gegenüber Online-Content, insbesondere zum Thema Nachhaltigkeit, anzupassen?
Doris Eichmeier: Das ist eine kluge Frage. Content kann nicht alles lösen. Wenn das Produkt nicht stimmt, die Ausrichtung des Unternehmens nicht stimmt oder die Unternehmensspitze Blödsinn macht, kann ich das mit Content nicht geradebiegen. Glaubwürdigkeit ist ein generelles Thema einer Organisation. Wenn ein Unternehmen von Grund auf glaubwürdig ist, weil es großartige Produkte hat, die verständlich sind, dann kann ich darauf glaubwürdigen Content produzieren. Ich kann aber nicht hergehen und sagen: „Okay, wir sind eine Hire-and-Fire-Company, aber der Content soll uns glaubwürdig erscheinen lassen.“ Greenwashing funktioniert nicht. Wenn es im Unternehmen nicht passt, passt der Content auch nicht. Es ist aber ein wichtiges Thema, weil Studien wie der Edelman Trust Barometer zeigen, dass die meisten Leute den Marken nicht trauen. Es gibt konkrete Erwartungen, die noch nicht eingelöst werden. Content ist nur ein Aspekt unter vielen.
Steffi: Fällt dir spontan ein Unternehmen ein, das als nachhaltig gilt und entsprechend mit Content untermauert oder bespielt?
Doris Eichmeier: Ja, ich habe ein großes Faible für Oatly, den Hafermilchproduzenten. Das Ziel des Unternehmens, eine Alternative zur Kuhmilch zu bieten und damit etwas Gutes für den Klimaschutz zu tun, passt schon mal. Die haben eine Art, mit den Leuten zu sprechen, die umwerfend ist. Die Website allein, ich gehe bestimmt einmal im Monat auf die Website, um zu sehen, was sie sich Neues haben einfallen lassen. Die strahlen so viel Humor und Lebensfreude aus. Niemand kommt mit dem Zeigefinger und sagt: „Du musst jetzt Hafermilch trinken, sonst geht die Welt unter.“ Sie haben einfach Spaß an dem, was sie tun. Für mich perfekt. Ein Highlight-Video des Jahres 2023 ist in Idaho gedreht, wo Milchbauern mit Hafermilchprodukten verköstigt wurden und anschließend gefilmt wurden, wie sie das fanden. Großartig. Die Milchbauern fanden es gut und waren offen dafür. Für so etwas bewundere ich Oatly.
Doris Eichmeier: Sie haben ein klares Ziel, einen klaren Markenbezug und wissen genau, was sie wollen. Das erleichtert die Content Strategie, Produktion und das Management ungemein. Deutsche Unternehmen könnten sich davon eine Scheibe abschneiden. Das Thema Nachhaltigkeit wird hier oft in Zertifikaten und Auszeichnungen gedacht. Oatly zeigt, dass es auch anders geht.
Steffi: Ja, Logos sind die einfachste Übung. Sich irgendwo einkaufen und ein Logo kassieren hat nichts mit nachhaltiger Unternehmensführung zu tun.
Steffi: Gut, das Video werde ich in den Show Notes verlinken, damit die Leute es sich in Ruhe anschauen können. So ein Highlight darf man nicht verpassen. Was ich bei Oatly auch spannend finde, ist die Plakatwerbung. Ich bin vielleicht etwas old school, aber ich mag es, wenn sie bestimmte Ecken plakatieren und daraus die witzigsten Sachen entstehen.
Doris Eichmeier: Das hat nichts mit old school zu tun. Was ich großartig finde, ist, dass Oatly keinen Unterschied zwischen Werbung und Content macht. Diese Trennung ist künstlich, und Oatly versteht das. Wenn sie eine gute Idee haben, Hauswände zuzukleistern mit guten Fragen, dann machen sie das.
Steffi: Ich finde es auch interessant, dass uns eher internationale Marken bei solchen Themen einfallen. Deutsche Marken haben es da immer etwas schwerer.
Doris Eichmeier: Bei Oatly ist auch interessant, dass sie nicht nur digital denken. Das erleichtert mich, weil Content Strategie oft nur digital gedacht wird. Wenn man Pech hat, vielleicht sogar nur die Website. Das ist zu wenig. Jedes Unternehmen hat viele Kontaktpunkte, und diese müssen bedient werden. Viele davon sind nicht digital.
Steffi: Beobachtest du auch, dass oft eher digital gedacht wird, weil das vermeintlich kostengünstiger ist?
Doris Eichmeier: Ich glaube, es liegt daran, dass viele Leute im Online-Marketing die Content Strategie verinnerlicht haben. Es gibt keine Probleme, alle haben das gleiche Ziel: maximalen Erfolg und viel Aufmerksamkeit. Die Zusammenarbeit funktioniert besser. Aber wenn du als Content-Strategin mit Abteilungen zu tun hast, die bisher nur Broschüren produziert haben und du ihnen den Funnel erklärst, kann es schon zu großen Fragen und Problemen kommen. Da werden auch viele Dinge sichtbar, die im Unternehmen nicht rund laufen. Als Content-Strategin mache ich mir da manchmal Feinde. Im Online-Marketing ist das nicht der Fall.
Steffi: Wie können Marken und Content Strategien erfolgreich zusammenarbeiten, um Unternehmensziele zu unterstützen und die Markenidentität zu stärken?
Doris Eichmeier: Meine Unterteilung ist folgende: Erst kommt die Unternehmensstrategie, dann die Markenstrategie und dann die Content Strategie. Die Content Strategie basiert auf der Markenstrategie. Ohne Marke kann eine Content Strategie nichts ausrichten, weil die Richtung fehlt.
Steffi: Ich habe mich total auf diese Frage gefreut, weil ich den Beitrag damals so gefeiert habe. Du hast vor ein paar Jahren den Begriff Content Pruning geprägt. Wie siehst du diesen Begriff heute? Welche Rolle spielt er im Content Management und in der Content Strategie?
Doris Eichmeier: Content Pruning habe ich nicht eingeführt, sondern es ist ein Begriff, der vor allem in den USA verwendet wird. Ich fand den Begriff sympathisch, weil es ums Gärtnern geht, das Zupfen und Optimieren von Bäumen. Content Recycling heißt, ich zerhacke etwas in seine Bestandteile und sehe zu, dass ich etwas wiederverwerten kann. Das hat etwas Herzloses. Aber Content muss mit Herz behandelt werden. Der Content ist vielleicht in die Jahre gekommen, die Beispiele passen nicht mehr, der Aufhänger ist veraltet. Es gibt viele Details, die ich nehmen kann, um Content immer wieder zu erneuern und aufzufrischen. Da passt das Wort Pruning besser. Inzwischen haben viele Unternehmen, dass verinnerlicht. Das Erneuern von Content-Formaten ist in vielen Redaktionsplänen enthalten.
Doris Eichmeier: Viele haben verstanden, dass ein Blogartikel, den ich online stelle, nicht zum Abhaken ist, sondern dass er zum Controllen ist. Dass ich alle paar Monate oder einmal im Jahr drauf schaue und sage, ob er noch gut so ist oder ob ich etwas verändern muss. Das ist eine Arbeit, die gern verdrängt wird. Sie ist nicht sexy, weil neue Blogbeiträge zum Knaller-Thema gefeiert werden. Aber ein Jahr später, wenn ich den gleichen Text noch einmal ansehe und Beispiele austausche oder mit einem alten Artikel kombiniere, dann sind das handwerkliche Arbeiten, die ich nicht mehr so für das Marketing nutzen kann. Trotzdem ist es wichtig. Die Content-Qualität muss stimmen, auch wenn es viel Arbeit macht.
Steffi: Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass das sehr viel Spaß macht. Seit Januar dieses Jahres habe ich nur insgesamt drei neue Beiträge geschrieben. Den Rest habe ich aktualisiert oder angereichert.
Doris Eichmeier: Ja, aber ist es nicht großartig?
Steffi: Es macht einen auch viel entspannter, finde ich.
Doris Eichmeier: Ja, und die Blogs und Websites werden nicht so fett. Bei meinen Kunden mache ich regelmäßig Audits und sehe zu, welche Inhalte auf der Website und im Blog vorhanden sind. Was kann man neu verwerten, was kombinieren? Das ist ein regelmäßiger Job, aber ich sehe zu, dass ich ungefähr ein Drittel canceln. Man muss nicht alles wiederbeleben. Manches ist einfach tot. Dann passt das Thema nicht mehr, der Autor hat die Firma verlassen, der neue Geschäftsführer argumentiert anders. Weg damit. Keine Scheu, ein Drittel zu canceln, kann ich nur empfehlen.
Steffi: Aber witzig, dass du auch ein Content Audit Liebhaber bist. Ich habe da auch mein Faible dafür.
Doris Eichmeier: Ja, aber es kommt darauf an, welche Kategorien man verwendet. Zum Beispiel ein Audit zum Thema „Kommt unsere Marke zur Geltung?“ braucht andere Kategorien als ein Audit zur Frage „Finden meine Stakeholder alle Informationen zum Thema Maschinenwartung?“ Man kann die Website nehmen und mit Audits endlos forschen und verbessern. Es hört nie auf.
Steffi: Für mich persönlich: Es hört nie auf. Ich könnte damit Stunden oder Tage verbringen.
Doris Eichmeier: Ja, aber man muss auch mal zum Ziel kommen. Manchmal sind Audits selbsterklärend. Dann hat man das Ergebnis, dass 30 Prozent der Seiten überholungsbedürftig sind. Viel besser ist es, wenn man das Audit ergänzt mit einer To-Do-Liste: Inhalte aktualisieren, Inhalte umschreiben, Inhalte zusammenbauen und vor allem, wer ist zuständig? Ganz wichtig.
Steffi: Welche spezifischen Vorteile bringt ein gründliches Content Audit für ein Unternehmen? Wie kann es dabei helfen, die Effektivität der gesamten Content Strategie zu verbessern?
Doris Eichmeier: Ich mag Content Audits wahnsinnig gern, aber ich bin ein Feind großer Audits. Es bringt nichts, eine komplette Website zu beleuchten. Dann hat man einen Wust an Daten und wird dem Ganzen nicht gerecht. Mir ist es lieber, man macht partielle Audits, zum Beispiel einzelne Rubriken, thematische Audits oder Autorenaudits. Ich habe kürzlich für einen Maschinenbauer einen Audit kombiniert mit einer Usability-Reise gemacht. Der Auftrag war, Informationen zum Upgrade der Maschine XY zu suchen. Solche partiellen Audits sind, sofern sie regelmäßig stattfinden, ziel- und ergebnisorientierter.
Steffi: Würdest du den Content Audit als Werkzeug der Content Strategie sehen, mit dem du überprüfen kannst, ob bestimmte Aspekte der Content Strategie funktionieren? Oder macht man erst einen Content Audit und entwickelt dann die Content Strategie?
Doris Eichmeier: Im Studiengang Content Strategie in Graz am Johanneum wird das Ganze erste Semester vom Thema Content Audit bestimmt. Die Studentinnen und Studenten sollen verstehen, dass man dem Content analytisch zu Leibe rücken kann. Das lernen sie im ersten Semester. Aber tatsächlich gibt es das Problem, dass man sagt: „Wir machen jetzt einen Content Audit. Mit welchen Kategorien denn bitte?“ Da kommen Markenwerte oder andere Zielsetzungen ins Spiel. Sie haben noch nicht das content-strategische Know-how, um Hypothesen zu bilden und daraufhin einen Audit zu machen. Dieses Wissen fehlt ihnen im ersten Semester noch.
Doris Eichmeier: Ein Content Audit kann in beiden Phasen sinnvoll sein. Zum Start und zum Controlling. Passt das, was geschieht? Auf Webseiten, LinkedIn, wo auch immer. Es ist immer angesagt.
Steffi: Sehe ich genauso. Aber es ist manchmal schwer zu verkaufen.
Doris Eichmeier: Zum Start ist ein Inventory gut. Stimmen die Zahlen? Gibt es Rubriken, die favorisiert werden? Gibt es Autoren, die immer wieder auftreten oder superklasse sind, aber in den letzten zehn Jahren nur zweieinhalb Artikel produziert haben? Solche quantitativen Fragen kann man gut zum Start stellen.
Steffi: Welche Tipps hast du für Unternehmen, um ihre Content Strategie und das Content-Management zu verbessern?
Doris Eichmeier: Ganz platt gesagt: Punkt 1, ehrlich sein. Content nicht als Werbefläche verstehen. Erzählt offen, ehrlich und authentisch, wer ihr seid, was ihr wollt und was euch umtreibt. G ebt Fehler zu, seid ehrlich zu den Menschen. Punkt 2, Versucht die Bedürfnisse und Nöte der Menschen zu verstehen und sie mit Content zu einer Lösung zu bringen. Ich vermisse manchmal diese Ehrlichkeit. Punkt 3, Content wird manchmal missverstanden als Ersatz für Kundenservice. Content darf nie Ersatz für Werbung oder Customer Support sein. Es ist der Auftakt einer Beziehung. Seid einfach ehrlich.
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